buy buy st. pauli

– über die kämpfe um die esso-häuser

mit be- und anwohner_innen, initiative esso-häuser, bayerischer hausbau, bezirksamtsleiter, recht-auf-stadt-bewegung, mit internationalen verflechtungen, wut, aktionen und einer nicht so schlechten aussicht!

Dokumentarfilm von Irene Bude, Olaf Sobczak und Steffen Jörg

Deutschland, 2014, HD, 86 min.

Bewohnerin:

„Einfach dokumentieren, was hier tagtäglich passiert  und denen, die hier wohnen, eine Stimme geben“

Mit diesem Ziel trat das Filmteam – bestehend aus Irene Bude, Olaf Sobczak und Steffen Jörg – im Jahr 2009 an, um in seinem ersten Film „Empire St. Pauli – Von Perlenketten und Platzverweisen“ den Wandel des berühmten Rotlichtviertels zu dokumentieren.

Anwohner:

Den stadtpolitischen Auseinandersetzungen und Debatten sind die Filmemacher_innen seitdem dicht auf den Fersen geblieben: In ihrer Langzeitdokumentation „buy buy st. pauli“ begleiten sie den Kampf der Bewohner_innen der Esso-Häuser und ihrer Unterstützer_innen. Sie haben zahlreiche Demonstrationen gefilmt, waren bei subversiven Aktionen und Brushmobs dabei, haben Stadtteilversammlungen dokumentiert und Einblicke in liebevoll eingerichtete Wohnzimmer eingefangen – bis zum Packen der Umzugskartons. Dabei will der Film wichtige Fragen stellen: War der Abriss wirklich unvermeidbar? Soll Kaputtbesitzen mit maßgeschneiderten Bebauungsplänen belohnt werden? Zu Wort kommen nicht nur Aktivist_innen der Initiative Esso-Häuser sowie Bewohner_innen, Nachbar_innen und Gewerbetreibende, sondern auch die Politik, Investoren und eine Stararchitektin.

Widerstand:

„Wir werden unsere Projekte (…) schon nach betriebswirtschaftlichen Kennziffern und (…) nicht nach politischen oder gesellschaftspolitischen Utopien ausrichten.“

Bernhard Taubenberger, Bayerische Hausbau

Vergammeln lassen, räumen, abreißen, neu bauen, abkassieren? Die Esso-Häuser stehen exemplarisch für einen überall – und nicht nur auf St. Pauli – stattfindenden Verdrängungsprozess. 2009 hat ein großes Immobilienunternehmen die Häuser gekauft, nachdem ihr Vorbesitzer jahrzehntelang seinen Instandhaltungspflichten nicht nachgekommen ist. Die Häuser sollen abgerissen werden und einem stark verdichtetem Neubau weichen.

Bayerische Hausbau:

„und es war früher schöner hier (…) und dann als hier die Brauerei noch war… und die Kutscher… mit den ganzen Bierkästen drauf …es war romantisch!“

Ruth Oberdick, Bewohnerin der ersten Stunde

Hinter den angeblich so hässlichen Fassaden der Nachkriegsmoderne-Häuser leben Menschen, die ihr Zuhause lieben: Ihre gemütlich eingerichteten Wohnungen, die gewachsene Kiez-Nachbarschaft, die aufgrund der kleinen Wohnungsgrößen erschwinglichen Mieten. Viele von ihnen haben ihre Wohnungen bezogen, lange bevor es hip und teuer wurde, auf St. Pauli zu wohnen. Und viele von ihnen haben Angst, auf dem angespannten Wohnungsmarkt keine neue Bleibe in ihrem Stadtteil zu finden. Ähnlich geht es den Gewerbetreibenden in den Esso-Häusern: Neue Flächen auf St. Pauli für ihre kiez-typischen Betriebe aufzutun, bedeutet gezwungenermaßen, sich in Konkurrenz zu zahlungskräftigen Gastro-Ketten zu begeben.

Bezirksamtsleiter Grote:

„Solidarität ist alles! Wenn man sich zusammenschließt, dann entsteht so eine Stärke.“

Monika Secka, Bewohnerin seit über 25 Jahren

Unterstützt von Mieter helfen Mietern und der GWA St. Pauli gründen Mieter_innen und Gewerbetreibende und Anwohner_innen die „Initiative Esso-Häuser“. Viele von ihnen sind zum ersten Mal in ihrem Leben politisch aktiv. Zunächst einmal wird verhindert, dass die Bewohner_innen befristete Mietverträge unterschreiben, die ihre Rechte stark eingeschränkt hätten. Dann beginnt der Kampf, der die Esso-Häuser über die Grenzen Hamburgs hinaus bekannt macht. Mit viel Engagement, Ausdauer und Witz setzt sich die Initiative unermüdlich für deren Erhalt ein – unterstützt von der Recht-auf-Stadt-Bewegung in Hamburg.

recht auf stadt bewegung:

„Was weg ist, ist weg! Das kommt nicht wieder!“

Andreas Hofstetter, langjähriger Bewohner

2014 sind die Häuser trotzdem weg. Abgerissen. Verschwunden sind auch die namensgebende Tankstelle, die Musikclubs, das Autohotel und die Bewohner_innen – kurz: vieles was den Kiez seit Jahren prägt. Jetzt geht es darum, Einfluss darauf zu nehmen, was an dieser für St. Pauli so wichtigen Stelle gebaut wird. Ein Rückkehrrecht nicht nur für die Bewohner_innen, sondern auch für die Gewerbetreibenden muss erstritten werden. Auch nachdem die Abrissbagger längst alles plattgemacht haben, kämpft die „Initiative Esso-Häuser“ weiter – für eine öffentlich-genossenschaftliche Lösung, für 100 % Sozialwohnungen und für einen demokratischen Planungsprozess, der den ganzen Stadtteil einbezieht. Ein Ass, das die Initiative im Ärmel hat: Der Investor braucht für sein Bauvorhaben einen neuen Bebauungsplan. Über den muss die Politik entscheiden.

Internationale Verflechtungen:

und anderen Verflechtungen:

„Wow, es gibt eine demokratische Baustelle in Hamburg!“

Christoph Schäfer, Künstler und Mitglied des PlanBude-Teams

Unter dem Druck des Widerstands scheint es auch bei Bezirk und Stadt zu einem Umdenken zu kommen. Nach zähen Verhandlungen wird mit der PlanBude ein im Stadtteil verankertes Team aus den Bereichen Planung, Kunst, Soziale Arbeit und Architektur damit beauftragt, das lokale Wissen aus der Nachbarschaft zu sammeln und einen für alle zugänglichen Planungsprozess zu organisieren. Ob und wie die Ideen aus dem Stadtteil in den Architektur-Wettbewerb einfließen und letztendlich auch umgesetzt werden, muss sich noch zeigen.

wut:

aktionen:

eine nicht so schlechte aussicht: